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TVSB - Trail Verbier- St. Bernard

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Mit dem TSVB hatten Luc und ich uns einen grossen Brocken vorgenommen. 111 Km lang und mit einer Höhendifferenz von 8400 Metern wagten wir uns an unbekannte Dimensionen.
Unzählige Longjoggs, die Trailläufe, Petit Ballon, La Terrible, die Trailtage Innsbruck sowie der Trail du Gypaete dienten uns als Vorbereitung. Eine Frage blieb offen: Wie fühlt es sich an, nicht nur während des Tages sondern auch noch die ganze Nacht durchzulaufen?
Am Freitag 5. Juli machten wir uns auf den Weg nach Verbier. Zu unserer Freude hatte sich Tinu für den Marathon angemeldeten und gesellte sich am Abend zu uns.
Am Samstag um 5:00 Uhr wurden wir auf die lange Reise geschickt. Noch in der Morgendämmerung gings in die erste Steigung und die war nur ein kleines «Müsterli» im Vergleich zu dem was folgte.
Hinunter nach Sembracher…hinauf zum Catogne… hinunter nach Campex…hinauf zur Cabanne Orny.
Da waren erst 33 Km geschafft, jedoch bereits über 3000 Höhenmeter zurückgelegt!
Weiter ging es steil bergab ins Val Ferret. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch so meine Zweifel, ob ich die Cu-off Zeiten an den jeweiligen Kontrollpunkten noch rechtzeitig passieren würde.
In la Fully, das war bereits am späten Nachmittag, begann für mich fast so etwas wie ein neues Rennen. Durchs anfänglich malerische später wilde Val Ferret folgte die Strecke via Col Fenêtre zum Col du Grand St. Bernard. Ich genoss die überwältigende Natur, fühlte mich so frei und schritt voller Energie bergwärts.
Mit dem letzten Tageslicht erreichte ich den Col des Chevaux wo sich mir ein prächtiges Abendrot präsentierte. Der Abstieg nach Bourg St. Pierre erfolgte nun mit der Stirnlampe. Durch die Stille der Nacht, Wetterleuchten in der Ferne, Sternschnuppen am Himmel und immer noch war der «Akku» nicht leer.
Um Mitternacht traf ich in Bourg St. Pierre ein. Dort erwartete mich Tinu, was für eine Freude!
Er hatte in der Zwischenzeit den Marathon erfolgreich gelaufen und neue Erkenntnisse gesammelt was Laufen in technischem Gelände anbelangt smiley.
Leider war das Rennen für Luc in Bourg St. Pierre zu Ende. Auf Grund von Unwohlsein und Schwindel entschied er sich vernünftigerweise zum Abbrechen.
Einen kurzen Moment überlegte ich mir, wie schön es wohl wäre, hier auch «auszusteigen», ins Hotel zu fahren und einfach zu schlafen. Doch es fehlten mir die Argumente. Ich fühlte mich immer noch gut, ausser ein paar Blasen an den Füssen tat mir nichts weh und auch die Müdigkeit hielt sich in Grenzen. So machte ich mich nach dem Verpflegen und einem Sockenwechsel auf den Weg richtung Col de Mille. Konzentration war auf diesem Abschnitt gefragt, führte die Strecke hier über einen ausgesetzten Höhenweg. Weit in der Ferne konnte man das warme Licht des Verpflegungszeltes sehen. Im vorher erwähnten Zelt auf dem Col de Mille angelangt traf man auf viele gezeichnete Mitläufer. Sie wurden geduldig von den Helfern aufgepäppelt. Ich hatte keine Zeit mich hinzusetzten denn ich hatte in der Ferne, besser gesagt am Gegenhang das Lichtermeer von Verbier erblickt. Das war der wohl emotionalste Moment des ganzen Laufes. Obwohl ich noch 6-8 Stunden von diesen Lichtern entfernt war und bereits ca. 23 Stunden in den Beinen hatte, war ich mir sicher, dass ich das Ziel erreichen werde. Nur eine Verletzung hätte mich noch aufhalten können.
Währen des Abstieges nach Lourtier wurde es zum zweiten Mal Tag. Der erste Mensch den ich in diesem Dorf traf war Tinu, immer noch fit und mit aufmunternden Worten. Ich gönnte mir vor der «Wand», so wird der letzte Aufstieg genannt, zum Frühstück die obligate Bouillon ergänzt mit einem kleinen Sandwich mit Trockenfleisch und Käse aus dem Val de Bagnes. Im Laufe des Aufstiegs braute sich hinter der benachbarten Dents du Midi ein Gewitter zusammen.
Für einen kurzen Moment wurde es sehr ungemütlich doch dann verzog sich die Zelle glücklicherweise hinter der Bergkette und uns blieb nur noch eine kurze, heftige Morgendusche.

Beschwingt und erstaunlich leichtfüssig gings nun hinunter nach Verbier ins Ziel wo mich Luc und Tinu empfingen. 29 Stunden durch eidrucksvollste Lanschaften und über unglaublich technische Pfade…eine unbeschreibliche Zufriedenheit breitete sich beim Überqueren der Ziellinie aus.
(6./7. Juli 2019 / Text: B. Pulver; Bilder: mj)

 

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